Reduktion und Fixierung

Das Dauerwellmittel oder Reduktionsmittel

Will man das Haar dauerhaft umformen, so genügt es nicht, die Wasserstoffbrücken anzugreifen, sondern man muß die Salz- und Disulfidbrücken öffnen und damit das Haar vorübergehend weniger elastisch und damit verformbar machen. Ein solches Öffnen der Salz- und Disulfidbrücken ist bereits bei hohen Temperaturen mit schwach basisch reagierenden Substanzen möglich. Von diesem Prinzip machte man ursprünglich bei der Heißwelle Gebrauch, bei der man als Weilmittel zunächst eine basisch reagierende Salzlösung verwendete. Bei niedrigeren Temperaturen, also etwa bei Zimmertemperatur (rd. 20 Grad) lassen sich zumindest die Disulfidbrücken nur durch stark basisch reagierende Substanzen öffnen, die dann aber auch gleichzeitig das Haarkeratin auflösen und zerstören.

Hier muß man zu einem “Reduktionsmittel” greifen, das in der Lage ist, die Disulfidbrücken zu einem bestimmten Teil anzugreifen und zu öffnen, ohne daß die Haarsubstanz insgesamt angegriffen wird. Als Reduktionsmittel verwendet man heute in Dauerwellpräparaten fast ausschließlich die Thioglykolsäure, eine organische Säure, die neben der Carbonsäuregruppe auch noch die Sulfuydrylgruppe (Thiogruppe) enthält, also schwefelhaltig ist.

Das Reduktionsmittel Ammoniumthioglykolat

Die Thioglykolsäure aber kann die Disulfidbrücken unter den bei normaler Temperatur herrschenden Bedingungen nicht zufriedenstellend reduzieren. Man arbeitet daher in der Praxis mit einer Lösung des Salzes der Thioglykolsäure mit Ammoniak, dem Ammoniumthioglykolat. Die Wellmittellösungen enthalten fast alle einen Überschuß an Ammoniakwasser, sie reagieren basisch.

Lagen die “klassischen” Kaltwellmittel meist bei einem pH-Wert von rd. 9,5, so hat man heute einen recht optimalen pH-Wert für Wellmittel bei rd. 8-8,5 gefunden. Liegen die pH-Werte der Wellmittel unter 8, so ist die Umformung des Haares meist zu schwach, liegen sie über 9, so nimmt der Grad der Haarschädigung zu Neben diesen basisch reagierenden Wellmitteln, die als Reduktionsmittel Ammoniumthioglykolat enthalten, sind heute auch noch sauer reagierende Weilmittel im Handel.

Bei ihnen werden als Reduktionmittel meist die Ester der Thioglykolsäure eingesetzt, Wie z. B. der Ester von Thioglykolsäure mit Glyzerin, das Glyzerinmonothioglykolat. Zur Öffnung der Disulfidbrücken verwendet man in Wellmitteln als Reduktionsmittel Thioglykolsäure in Form ihres Salzes Ammoniumthioglykolat.

Die Reduktion -“Entwicklung” der Dauerwelle

Das Hauptprinzip der Dauerwelle besteht darin, daß durch das Reduktionsmittel (meist, wie erwähnt, Ammoniumthioglykolat) die Disulfidbrücken des Haarkeratins teilweise geöffnet werden. Wir wollen dies noch etwas genauer darstellen:

Durch den Einfluß von Wasser und den basisch reagierenden Substanzen, meist Ammoniak, quillt das Haar auf. Dies ist dadurch zu erklären, daß das Wasser und die Basen die Wasserstoffbrücken und die Salzbrückenbindungen im Haarkeratin teilweise lösen. Zwischen die Keratinmoleküle werden Wasser und Hydroxidionen der Basen an den geeigneten Stellen eingelagert. Der Abstand zwischen den einzelnen Keratinmolekülen wird größer -dies bewirkt den Zuwachs des Haardurchmessers, die Quellung.

Das Reduktionsmittel -das Ammoniumthioglykolat -greift die Disulfidbrücken des Keratins an und öffne sie durch Reduktion. Unter einer Reduktion versteht man allgemein die Zufuhr von Wasserstoff oder die Aufnahme von Elektronen. Ein Reduktionsmittel kann also Wasserstoff abgeben, oder, in der erweiterten Begriffsbestimmung, es ist ein Elektronenlieferant.

Das Reduktionsmittel Ammoniumthioglykolat kann Wasserstoff an die Schwefelatome der Disulfidbrücken anlagern. Dabei öffnen sich die Doppelschwefelbrücken. Das Haar hat nun seine Elastizität vorübergehend teilweise verloren. Selbstverständlich werden nicht alle Disulfidbrücken im Haar geöffnet, denn dann wäre das Haarkeratin bereits unwiderruflich geschädigt. Man schätzt, daß bei der Dauerwelle lediglich rd. 15-20 % des Gesamtschwefels im Keratin reduziert werden. Bei geringerem Reduktionsgrad ist die Umformung unzureichend, bei stärkerem Reduktionsgrad treten Überkrausungen und Haarschäden auf. Da vermutlich der höchste Anteil der Doppelschwefelbrücken in der amorphen Keratinzone (“Kittsubstanz”) beheimatet ist, findet dort wohl auch vorwiegend der Umformungsvorgang statt. Hier fehlt aber noch die endgültige wissenschaftliche Klärung.

Die Fixierungsmittel

Die Fixierung einer Dauerwelle erfolgt durch eine Oxidation. Wie wir gezeigt haben, werden die geöffneten Disulfidbrücken (Doppelschwefelbrücken) im Keratin durch Oxidation wieder geschlossen. Demgemäß enthalten alle Fixierungsmittel Oxidationsmittel. In der Mehrzahl aller Fälle ist das Oxidationsmittel in Fixierungen das Wasserstoffperoxid.

Wasserstoffperoxid wird als Oxidationsmittel bevorzugt, weil es beim Zerfall nur Wasser und Sauerstoff bildet, also keine unerwünschten Salzreste im Haar zurückläßt, die Haarschäden verursachen könnten. Die Konzentrationen von Wasserstoffperoxid in Fixierlösungen liegen bei rd. 1-2 %, in manchen Fällen auch darüber (vgl. dazu die Ausführungen über besondere Fixierungsmittel).

Sauerstoff entzieht dem Haar den Wasserstoff - so können sich die Doppelschwefelbrücken wieder schließen

Sauerstoff entzieht dem Haar den Wasserstoff - so können sich die Doppelschwefelbrücken wieder schließen

Neben Wasserstoffperoxid wird auch Natrium- oder Kaliumbromat als Oxidationsmittel verwendet. Die Bromate, die Salze der Bromsäure, sind sehr starke Oxidationsmittel. Man verwendet sie nicht in der kristallinen festen Form, da sie sich mit organischen Substanzen infolge ihrer starken Oxidationswirkung leicht entzünden, sondern in Lösungen -heute fast ausschließlich in Gel- und Cremezubereitungen.

Bromatfixierungen werden sehr gern für sauer reagierende Wellmittel verwendet, da diese durch Wasserstoffperoxidfixierungen nicht gut fixiert werden können (Wasserstoffperoxid oxidiert besser im basischen Bereich!). Aber auch zur Fixierung basisch reagierender Wellmittel sind sie gut geeignet. Man bevorzugt sie insbesondere bei der Fixierung von bereits geschädigtem Haar (z. B. gefärbtem Haar).

Die Fixierungsmittel, insbesondere die Mittel auf der Grundlage von Wasserstoffperoxid, reagieren oft sauer (pH-Werte zwischen rd. 3-4), da sie schwache organische Säuren enthalten (z. B. Weinsäure, Zitronensäure). Sie können daher auch die Basenreste der Wellmittel in Grenzen neutralisieren, so daß sich gleichzeitig mit der Fixierung auch die Neutralisation vollzieht.

Die Schaumfixierung
In der Praxis des Friseurs sind die sogenannten “Schaumfixierungen” heute noch am meisten gebräuchlich. Sie sind flüssig, werden in gebrauchsfertiger Konzentration oder auch als Konzentrat angeboten, das verdünnt werden muß. Sie entwickeln beim Auftragen mit Fixierschwämmchen einen feinblasigen, festen Schaum, der das Herablaufen verhindern und die bereits benetzten Wickel markieren soll.

Zu den speziellen “Schaumdauerwellen” gibt es auch Schaumfixierungen, die einen besonders starken und fest stehenden Schaum entwickeln. Meist sind diese Schaumfixierungen in Aerosolpackungen auf dem Markt, wobei der kräftige Fixierungsschaum durch das Treibmittel des Aerosols entwickelt wird.

Gel- und Cremefixierungen
Neben den Schaumfixierungen sind die Fixierungen in Gel- oder Cremeform weit verbreitet. Sie können sehr gut mit dem Schwamm, aber auch mit der Spritzflasche aufgetragen werden, weil sie weniger ablaufen als flüssige Fixierungen. Man erhofft sich von der Creme- und Gelgrundlage auch eine Verbesserung der Kämmbarkeit des Haares. Besonders Bromatfixierungen werden in Gel- oder Cremeformn angeboten.

Die Schnellfixierung
Schnell-Fixierungen enthalten gegenüber den herkömmlichen Fixierungen einen höheren Anteil an Oxidationsmittel und manchmal auch noch Substanzen, die die Oxidationswirkung des Mittels beschleunigen. Man kann sie sogar auf das Haar geben, ohne daß das Wellmittel, wie sonst üblich, vorher ausgespült wird. Sie wirken in wenigen Minuten.

Zwei-Komponenten Fixierung
Zwei-Komponenten-Fixierungen, die Wärme entwickeln, werden besonders für die thermogesteuerten Well-Systeme angeboten. Sie bestehen aus zwei getrennt verpackten Bestandteilen – dem eigentlichen Fixierungsmittel, das einen gegenüber herkömmlichen Fixierungen erhöhten Oxidationsmittelanteil enthält, und einem Reduktionsmittel. Beim Zusammenmischen beider Komponenten entsteht durch die sich abspielende “Redoxreaktion” Reaktionswärme, die nach Angabe der Hersteller zu einer intensiveren Fixierung führen soll. Ein Teil des Oxidationsmittels wird also zur Wärmeerzeugung verbraucht, ein anderer Teil zur Oxidation der Disulfidbrücken .

Comments

  1. TOLL BESCHRIEBEN!!!

  2. ok

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